Wolfgang Jordan
KLEINES WERKZEUGMUSEUM

Arbeits-Ordnung.

§ 1.
Arbeitszeit   7-12 Uhr Vormittags,
 1-6 Uhr Nachmittags.
Bei strengem Geschäftsgang je nach Bedürfnis Ueber=
arbeitszeit insoweit nicht gesetzliche Bestimmungen entgegen=
stehen.
§ 2.
Eine Vesperpause wird nicht gestattet, dagegen hat
jeder Arbeiter das Recht, ein Vesper mitzubringen, welches
er während der Arbeit zu verzehren hat und zwar in der Zeit
von 9-915 Uhr des Vormittags,
von 4-415 Uhr des Nachmittags.
Wer außer vorstehender Zeit beim Vespern angetroffen
wird, zieht eine Strafe von 50 Pfg. nach sich.
Die Pausen der jugendlichen Arbeiter sind nach Maß=
gabe des § 136 der G.=O. besonders geregelt und auf dem
in den Arbeitsräumen ausgehängten Verzeichnis der jugend=
lichen Arbeiter angegeben.
§ 3.
Jedem Arbeiter, welcher 5 Minuten nach Beginn der
Geschäftsstunden ins Geschäft kommt ohne genügende Ent=
schuldigung, wird eine Stunde abgezogen.
§ 4.
Sogenanntes "Blauen" machen, sei es während
des ganzen Tages oder nur teilweise, wird mit 50 Pfg.
bestraft und im wiederholten Falle tritt sofortige Entlassung
ein laut § 123 der R.=G.=O.
§ 5.
Das Verlassen des Geschäfts während der Arbeitszeit
ohne Entschuldigung wird mit 50 Pfg. bestraft.
§ 6.
Der Zutritt in die Werkstätten der nicht in der Fabrik
beschäftigten Personen (z. B. Besuche von Bekannten etc.)
ist ohne Erlaubnis nicht gestattet und haben Zuwiderhandelnde
sofortige Ausweisung zu gewärtigen.
§ 7.
Jeder Arbeiter ist verpflichtet, nur sauber und pünkt=
lichst gearbeitete Ware abzuliefern und zwar hat der


Plochingen a. N., 4. Dezember 1907.

Arbeitgeber das Recht, die Annahme nachlässiger Arbeiten
zu verweigern und dieselben auf Kosten des betreffenden
Arbeiters durch einen Andern wiederherstellen zu lassen.
§ 8.
Jeder Arbeiter ist für den ihm übergebenen Werkzeug
haftbar.
§ 9.
Zur Sicherung gegen unbefugtes Verlassen der Arbeit,
als Kaution für etwaige Geldstrafen und für anvertraute
Arbeiten und Werkzeuge, werden von jedem Arbeiter
5 Mk. erhoben, die in wöchentlichen Beträgen von 50 Pfg.
am Lohn abgezogen werden. Diese Summe wird dem
ordnungsmäßig austretenden Arbeiter in baar zurückbezahlt.
§ 10.
Gegenseitige Kündigungszeit 8 Tage.
§ 11.
Abrechnung und Lohnbezahlung finden wöchentlich
Samstags im neuen Fabrikgebäude statt.
§ 12.
Vorstehende Paragraphen verstehen sich für jeden
Arbeiter gleichviel, ob derselbe im Akkord oder auf Taglohn
arbeitet.
§ 13.
Die in vorstehenden Paragraphen vermerkten Geld=
strafen fallen in die Fabrikkrankenkasse.
§ 14.
Anstellung resp. Beschäftigung in der Fabrik bedingt
vollkommenes Einverständnis mit obiger Arbeitsordnung.
Die in vorstehenden Paragraphen vermerkten Geldstrafen
werden von dem Fabrikvorstand angesetzt und dem Be=
straften mit Angabe der Veranlassung sofort zur Kenntnis
gebracht. Die Geldstrafen werden von der nach § 9
gebildeten Kautionssumme abgezogen und fallen in die
Fabrikkrankenkasse. Der wegen Kontraktbruch verwirkte
Lohnbetrag fällt ebenfalls in die Fabrikkrankenkasse.
§ 15.
Gemäß § 134 a der G.=O. tritt die Arbeitsordnung
frühestens 2 Wochen nach ihrem Erlaß in Geltung.

Wilh. Braun.

Diese Seite wurde nach einer Kopie der Arbeitsordnung erstellt, die ich von Herrn Manfred Reiner, Plochingen, erhalten habe.


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