Wolfgang Jordan
HOLZBEARBEITUNG MIT HANDWERKZEUGEN

Schärfen von Hobeleisen und Stechbeiteln

Nur scharfes Werkzeug ist gutes Werkzeug

Für die Arbeit mit Hobeln und Stechbeiteln ist es unerläßlich, diese auch selbst schärfen zu können. Selbst wenn man nur gelegentlich damit arbeitet, wäre es lästig und teuer, die Eisen außer Haus herrichten zu lassen. Abgesehen davon wird es oft schwierig sein jemanden zu finden, der das überhaupt noch kann. Dabei ist es gar nicht so schwer, diese Fertigkeit zu erlernen. Und die Arbeit mit einer rasiermesserscharfen Schneide erspart einem manchen Frust und ist paradoxerweise ungefährlicher als stumpfes Werkzeug.

Egal, ob man einen neuen Hobel kauft oder einen auf dem Flohmarkt erworbenen herrichtet: zuerst muß das Eisen geschärft werden. Eine Ausnahme ist wohl z. B. der japanische Putzhobel mit Wechselklingen, den ich einmal gekauft habe. Aber selbst die Schneide eines Primus-Hobeleisens (ECE), der als 'gebrauchsfertig geschärft' verkauft wird, kann noch verbessert werden. Mit einem Hobeleisen sollte man sich rasieren können, und das ist wörtlich gemeint.

Die folgenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für Stechbeitel.

Welches Schleifmittel?

Traditionell werden in Deutschland Ölsteine zum Schärfen und Abziehen von Werkzeugschneiden benutzt. Ich selbst habe nur Erfahrung mit synthetischen japanischen Wassersteinen verschiedener Körnung bzw. mit auf Glasplatten geklebten Bögen von Schleifpapier für Metall (hierzu gibt es eine nähere Beschreibung in englischer Sprache: The D&S Scary Sharp(TM) System [leider gibt es die Seite nicht mehr]). Deshalb will ich auch nur über das Schärfen damit schreiben.

Daß auch unsere Vorfahren schon Schwierigkeiten mit dem richtigen Schärfen hatten, kann man einem Abschnitt im Katalog von Joh. Weiss, Wien entnehmen. Dort findet man einen Artikel 'Über das Schleifen von Hobeleisen'.

Zu Auswahl und Einsatz von japanischen Wassersteinen steht im Online-Katalog von 'Feine Werkzeuge' eine gute deutschsprachige Anleitung. Die Schleifsteine kann man auch gleich da bestellen oder bei der Firma Dictum, eventuell auch im örtlichen Werkzeughandel. Für den Anfang reicht sicher ein Kombinationsstein 1000/6000. Wenn man eine Schleifführung benutzt, was für den Anfänger empfehlenswert ist, muß der Stein breiter sein als das breiteste Eisen. Beim freihändigen Schleifen kann der Stein kleiner sein, weil das Eisen dann schräg geführt werden kann.

Schleifpapier bekommt man im Werkzeughandel, jedenfalls bis zu den Körnungen 600 oder auch 1000. Feineres Schleifpapier, das zum Abziehen benötigt wird, habe ich mir bei einer Autolackiererei besorgt.

Zu den Körnungen ist zu sagen, daß sich die Skalen bei japanischen Wassersteinen bzw. Schleifpapier unterscheiden. So benutzt man bei Wassersteinen die Körnung 220 zum Ausschleifen von Scharten, zum Schärfen ist der Bereich von 800 bis 1000 geeignet, und abgezogen wird auf sehr feinen Steinen von 4000 bis 8000 und darüber. Für Schleifpapier lauten die entsprechenden Zahlen 240, 400 bis 800 und 2000.

Schleifführungen

Als Anfänger sollte man eine Schleifführung benutzen. Sie erleichtert nicht nur das Einhalten des korrekten Schärfwinkels, sondern garantiert auch eine gerade (ebene) Fase. Ohne ausreichende Übung fällt es ziemlich schwer, das Eisen in einem festen Winkel über den Schleifstein zu führen. Gelingt das nicht, wird die Fase des Eisens mehr oder weniger gerundet, was seine Funktion beeinträchtigen oder ganz verhindern kann. Im Online-Katalog von 'Feine Werkzeuge' gibt es eine gute Übersicht der gebräuchlichen Schleifführungen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. So gibt es Führungen, die für die kurzen japanischen Eisen nicht geeignet sind oder die ein schräges Einspannen nicht erlauben, wie es bei den Eisen einer Plattbank oder eines Grathobels benötigt wird.

Für Stechbeitel können die meisten Schleifführungen auch benutzt werden. Da die Fase aber wesentlich schmäler ist als bei Hobeleisen, und die Schneide auch nicht unbedingt perfekt rechtwinklig sein muß, kann man hier schon mal das Schärfen ohne Führung versuchen. Wichtig ist aber trotzdem, daß man einen konstanten Winkel einhält, damit die Fase nicht rund wird. Das ist nicht ganz einfach, aber man kann es lernen, und es erleichtert das Schärfen ungemein, wenn man es freihändig beherrscht.

Vorbereitungen

Wassersteine müssen vor der Benutzung einige Zeit in Wasser gelegt werden, damit sie sich vollsaugen. Einige Minuten bis zu einer Viertelstunde genügen dazu; allgemein brauchen feine Steine länger als gröbere. Auch während der Benutzung muß immer wieder Wasser auf die Schleiffläche gebracht werden. Dazu eignet sich am besten eine Sprühflasche. Der Stein muß fest und sicher auf dem Tisch oder der Werkbank aufliegen. Manche Steine haben einen aufgeklebten Holzständer; ich habe mir einen rechteckigen Holzklotz mit einer entsprechenden Aussparung versehen und kann den Stein so in die Hinterzange einspannen. [Niemals den Stein selbst einspannen!] Man kann den Stein auch auf eine rutschfeste, nicht zu weiche Unterlage auflegen.

Für das Schleifpapier besorgt man sich entsprechend große Glasplatten mit mindestens 5 mm Stärke, auf denen das Papier mit Sprühkleber befestigt wird. Auch andere Unterlagen wie glatte Fliesen oder Holz/MDF sind geeignet. Wenn man naß schleift, kann man sich das Aufkleben sparen; das Papier haftet auch so auf der Fläche. Den Sprühkleber etwas antrocken lassen vor dem Aufkleben, das erleichtert das Abziehen des verbrauchten Schleifpapiers.

Jetzt geht's los!

Vor dem eigentlichen Schärfen muß sichergestellt sein, daß die Spiegelseite (Rückseite) des Eisens völlig eben und frei von Kratzern ist. Die Schneide ist die Schnittlinie zwischen Spiegelseite und Fase, und sie kann nicht besser sein als die schlechteste der beiden Flächen. Zum Glück braucht man die Rückseite nicht jedesmal neu abzurichten. Im allgemeinen genügt es, diese Arbeit einmal nach dem Kauf zu machen. Auch braucht nicht die gesamte Rückseite so bearbeitet zu werden, ein bis zwei Zentimeter sind ausreichend.

Für alle Schleif- und Abziehaufgaben ist es notwendig, daß der Stein absolut eben ist. Deshalb muß der Schleifstein zunächst selbst abgerichtet werden, falls er durch vorangegangenes Schleifen Vertiefungen aufweist. Zum Abrichten der Steine gibt es extra Keramikblöcke, die aber nicht ganz billig sind. Man kann aber auch hierzu das auf eine glatte Unterlage (Glas) geklebte Schleifpapier benutzen. Oder man reibt zwei Steine gleicher Körnung aneinander. Ich habe auch schon gelesen, daß jemand das auf einer glatten Betonfläche gemacht hat. Nach dem Abrichten die Steine unter fließendem Wasser säubern.

Beim Abrichten der Eisenrückseite ist darauf zu achten, daß diese völlig plan wird. Deshalb wird das Eisen mit der Spiegelseite völlig flach auf den Stein aufgelegt (also ohne Schleifführung) und in der Längsrichtung des Steins hin und her bewegt. Dabei sollte man immer darauf achten, daß möglichst die ganze Fläche des Steins überstrichen wird, um einer ungleichmäßigen Abnutzung vorzubeugen.

Mit welcher Körnung man beginnt, hängt davon ab, wie uneben die Spiegelseite ist. Im Zweifelsfall beginnt man lieber mit einem feinen Stein, und wechselt zu einem gröberen, wenn das Abrichten zu lange dauert. Der Bereich bis zu etwa einem Zentimeter hinter der Schneide muß gleichmäße Schleifspuren aufweisen, dann ist die Fläche eben. Dann wechselt man zum nächstfeineren Stein. Man schleift mit jeder Körnung so lange, bis die Spuren der vorhergehenden Körnung beseitigt sind. Das läßt sich am leichtesten erkennen, wenn man die Orientierung des Eisens zum Stein (nicht die Bewegungsrichtung) bei jeder Körnung wechselt.

Wenn die Spiegelseite ihrem Namen alle Ehre macht, ist dieser Teil des Schleifens beendet. Mit Schleifpapier muß man dazu bis zur Körnung 2000 gehen, bei japanischen Wassersteinen bis 6000.

Das Schleifen der Fase

Jetzt wird das Eisen in die Schleifführung eingespannt. Wie weit das Eisen herausstehen muß, hängt von dem Fasenwinkel ab, den man anstrebt. Für Arbeiten in Weichholz ist 25 Grad günstig, für Hartholz sollte man den Winkel stumpfer (ca. 30-35 Grad) wählen. Die Maße sind in der Bedienungsanleitung der Führung angegeben. Oder man probiert es aus. Am besten macht man sich eine Lehre, um nicht bei jedem Einspannen nachmessen zu müssen. Das können einfach kleine Leisten auf einem Brett sein: senkrecht zur Brettkante, um das Eisen rechtwinklig einzuspannen, und parallel zur Kante in verschiedenen Abständen, um verschiedene Schleifwinkel einzustellen.

Man umfaßt das Eisen mit der Führung so, daß Zeige- und Mittelfinger auf dem Eisen direkt hinter der Schneide liegen und dort etwas Druck ausüben. Die Daumen greifen hinter die Führung. Jetzt wird das Eisen mit leichtem Druck über den Stein bewegt. Auch hier sollte man wieder darauf achten, die ganze Fläche zu benutzen, damit der Stein nicht zu schnell uneben wird. Wenn die Fase ein gleichmäßiges Schleifmuster aufweist, ist die Arbeit auf diesem Stein beendet. Der auf der Spiegelseite entstandene Grat wird dann auf dem feinsten Abziehstein entfernt (das Eisen flach auflegen und einige Male hin- und herbewegen). Dann wird auf den nächstfeineren Stein weitergeschliffen. Jedesmal so lange schleifen, bis die feinen Kratzer des jeweils gröberen Steins verschwunden sind. Bevor man zu einem feineren Stein/Papier wechselt, jeweils das Eisen mit einer Bürste von Schleifpartikeln säubern.

Einige Holzwerker schleifen in diesem Stadium eine zweite Fase an das Eisen, die etwa ein bis zwei Grad steiler ist. Das hat den Vorteil, daß das Nachschärfen schneller geht, weil nur sehr wenig Material abgetragen werden muß. Außerdem ist die Schneide durch den größeren Winkel standfester. Es gibt sogar Schärfhilfen, die diese Arbeit unterstützen (Veritas). Man kann aber auch einfach das Eisen einige Millimeter kürzer einspannen und noch einige Striche auf dem feinsten Stein abziehen.

Wenn man mit dem feinsten Abziehstein fertig ist, kann die Schneide noch auf Leder abgezogen werden. Dazu benutzt man einen Streifen Leder, der zur besseren Handhabung auf ein Stück Holz geklebt wird. Man zieht das Eisen auf der glatten Seite des Leders ab, in dem man die Schneide einige Male jeweils mit der Spiegelseite und mit der Fase rückwärts darüber zieht. Man kann das Leder noch mit Polierpaste oder -pulver einreiben, aber das ist nicht unbedingt nötig. Jetzt sollte das Eisen rasiermesserscharf sein. Zur Probe kann man sich ein paar Haare auf dem Unterarm abrasieren. Etwas ungefährlicher ist der Test, das Hirnholz an einem Weichholzbrettchen zu schneiden. Die entstandene Fläche sollte spiegelglatt sein.

Die Klappe

Schließlich muß bei einem Doppelhobeleisen noch die Klappe an das Eisen angepaßt werden. Die Klappe muß mit ihrer unteren Kante fest auf dem Eisen aufliegen, damit sich dazwischen keine Hobelspäne festsetzen und das Maul verstopfen können. Am besten hinterschneidet man die Auflagekante beim Abschleifen etwas, um ganz sicher zu gehen. In alten Lehrbüchern wird empfohlen, an die vordere Kante der Klappe eine kleine Stufe von etwa einem Millimeter Höhe anzuschleifen, um das Brechen des Spans zu erleichtern (siehe Abbildung). Ich habe das jedoch bei keinem meiner alten Hobel beobachten können.

Klappe
Hobeleisen mit Klappe (aus Bieler: 'An der Hobelbank' [1954])

Zum Schluß sollte man die Oberseite der Klappe am unteren Ende noch polieren, damit die Späne leichter darübergleiten können.

Fertig!

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