Wolfgang Jordan
HOLZBEARBEITUNG MIT HANDWERKZEUGEN
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Techniken: Trickscharnier

Kopie eines Artikels aus "Selbst ist der Mann"
Heft 7, Juli 1958, 2. Jahrgang

Vielen Dank an die Redaktion für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe!


Klappstuhl mit "Trickscharnier"

In einem Kloster sah ich einmal das auf Abb. 1 wiedergegebene Gebetpult, dessen wichtigstes Merkmal das Scharnier zwischen Rückwand und Buchbrett war. Es bestand aus Holz und war aus beiden Teilen eines in zwei Hälften getrennten dicken Brettes gearbeitet worden. Mit derartigen Konstruktionen verblüfften wendige Schreiner früher den Laien. Tatsächlich erfordern sie zwar eine gewisse Geschicklichkeit und konstruktives Denken. Alles in allem aber sind sie gar nicht so kompliziert. Lesen Sie doch bitte einmal selbst, wie man nach diesem Prinzip einen Gartenstuhl anfertigt (Abb. 2).

Trickscharnier1

Sie brauchen für diese Aufgabe ein ausgehobeltes Brett von 60 mm Dicke, 420 mm Breite und 830 mm Länge. 400 mm von der oberen Kante wird quer über das Brett sowie auch über die Dickenkante die Mittelachse des zukünftigen Scharniers angerissen. An beiden Seitenkanten-Flächen schlagen Sie nun bitte einen Kreis. Der Durchmesser des Kreises ist gleich Brettdicke. Die ganze Breite des Brettes wird in 5 oder 7 Teile zergliedert. Diese Teile werden dann, wie Abb. 3 zeigt, von der zukünftigen Drehpunktachse aus je 30 mm nach oben und unten angerissen. An den oberen Enden der Risse bohren Sie jetzt Löcher, damit Sie die angerissenen Teile mit der Lochsäge bis zum unteren Ende durchschneiden können (siehe Abb. 6). Der Drehpunkt ist ein Kreis (siehe Abb. 4 und 5). Wie die Abbildungen 4, 5 und 6 zeigen, müssen Sie deshalb abwechselnd einmal oben und einmal unten Viertelrundungen bis zur Mitte des 60 mm dicken Brettes stemmen. Diese Arbeit wird mit dem Stemmeisen ausgeführt. Dasselbe geschieht auf der Rückseite, nur müssen Sie diese Stemmarbeit entgegen der Vorderseite vornehmen.

Trickscharnier2

Die Kanten der späteren Rücklehne und des Sitzes müssen über beziehungsweise unter den eingestemmten Viertelrundungen rechtwinklig (siehe Abb. 4 u. 5), in unserem Falle spitz- beziehungsweise stumpfwinklig abgesetzt sein. Erst nach diesen vorbereitenden Arbeiten wird das Holz in seiner Dicke jeweils von oben und unten bis zum Drehpunkt aufgetrennt. Bei exakter Arbeit müssen beide Teile sofort im Scharnier funktionieren und auseinanderfallen. Den beschriebenen Arbeitsgang müssen Sie unbedingt einhalten. Denn wenn Sie zuerst das Brett ausschneiden und dann das Scharnier einstemmen, kann es geschehen, daß das Holz beim Stemmen an seinen inneren Kanten splittert.

Der Sitz oder die Rückenlehne können nun leicht die ihnen zugedachte Form und Verzierung erhalten. Damit der Stuhl besser steht, wurde das hintere Fußbrett verkürzt. Mittels eines Klavierbandes wurde daran dann ein 4-Kantfuß angesetzt, der im zusammengeklappten Zustand nach hinten umgeschlagen werden kann.

W. Prieser

Trickscharnier3

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