Wolfgang Jordan
HOLZBEARBEITUNG MIT HANDWERKZEUGEN

Typen von Bohrern und ihre Anwendung

(Auszug aus Bieler: 'An der Hobelbank' [1954])

Diese Handbohrer, Nagelbohrer oder Spitzwinder(B 104,1), dienen besonders zum Vorbohren von Nagel- und Schraubenlöchern. Schneckenbohrer eignen sich im gleichen Maße zum Hirn- und Querholzbohren und werden in Größen von 2 bis 13 mm Durchmesser hergestellt.

 
B 104,1 Nagelbohrer oder Spitzwinder   B 104,2 Zentrumbohrer (a)
verstellbarer Zentrumbohrer (b).
a Vorschneider, b Zentrierspitze (Einzugsgewinde), c Schneide

Bei der Verwendung von Schneckenbohrern für das Bohren von Querholz zeigen die Bohrlöcher keine sauberen Wandungen. Man erzielt aber glatte Wandungen, wenn ein Vorschneider durch einen scharfen Schnitt die loszulösenden Querholzfasern vor dem Spanabheben von der Wandung abtrennt. Diesen Anforderungen wird der Zentrumbohrer (B 104,2a), namentlich bei größeren Löchern, gerecht.


Die Bezeichnung "Zentrumbohrer' rührt daher, daß eine meist dreikantige, als Reibahle wirkende Zentrierspitze, das Zentrum bildet, um das sich der Vorschneider und die Schneide als Spanabheber drehen. Die Schneide hebt die vom Vorschneider abgetrennten Holzfasern vom Grunde des Bohrloches ab. Der Vorschneider, der in seiner Schnittrichtung schräg angeschliffen ist, muß von der Zentrierspitze eine etwas größere Entfernung haben als die Spitze des Spanabhebers, die sonst die Wandung des Bohrloches aufreißen würde. Beim Nachschärfen des Vorschneiders ist darauf zu achten, daß seine Außenkante stehenbleibt, und daß nur von der Innenkante her gefeilt wird. Da die Späne erst nach dem Loslösen durch den Vorschneider abgehoben werden, muß seine Spitze etwas länger sein, als die des Spanabhebers.

Zentrumbohrer erzeugen im Querholz ein sauberes Loch, im Hirnholz verlaufen sie jedoch leicht. Die Ursache des Verlaufens ist wohl darin zu suchen, daß die Kraftwirkung auf die einseitig sitzende Schneide soviel größer ist, und die dadurch entstehende Hebelwirkung die Zentrierspitze aus ihrer senkrechten Richtung drängt. Da die Späne nicht selbsttätig ausgeworfen werden, verstopfen sie beim tieferen Bohren das Bohrloch. Trotz Entfernung der Späne durch Herausziehen des Bohrers ist die Bohrtiefe beschränkt. Deshalb werden Zentrumbohrer mit kürzerem Schaft angefertigt als selbsttätig auswerfende Bohrer. Zentrumbohrer sind in Größen von 5 bis 70 mm Durchmesser erhältlich.

Die Möglichkeit, für jede Lochgröße bis 75 mm einen entsprechenden Bohrer verwenden zu können, hat zur Herstellung des verstellbaren Zentrumbohrers (B 104,2b) geführt. Dieser besitzt eine verstellbare Backe mit Schneide und Vorschneider, die durch eine Schraube festgehalten wird und auswechselbar ist. Für kleinere Löcher werden kurze Schneidbacken eingesetzt, da die längeren mit ihrem Überstand ein Bohren unmöglich machen würden. Bei ihrer großen Ausladung und der dadurch erzeugten Hebelwirkung erfährt der Werkzeugstahl durch die Krafteinwirkung eine starke Beanspruchung. Daher ist beim Bohren die Anwendung von Gewalt zu vermeiden, selbst ein ungleichmäßiger Druck kann schon zum Bruch der Schneidbacken führen. Zur Entlastung der Schneidbacken besitzt der verstellbare Zentrumbohrer einen Vorbohrer, der zur besseren Kräfteverteilung auf der Gegenseite angreift, und schon einen Teil der Bohrspäne beseitigt.

   
B 105,1 Excelsior-Zentrumbohrer   B 105,2 Formen der Schlangen- oder Schraubenbohrer.
a) Irwin-Bohrer, b) Douglas-Bohrer c) Cooks-Bohrer, d) Lewis- oder Schiffsschlangenbohrer
  B 105,3 Bohrer.
a) Metallspiralbohrer, b) Holzspiralbohrer

Ein großer Vorteil gegenüber den andern Zentrumbohrern ist hier die Anwendung eines Einzugsgewindes (B 104,2b) statt der dreikantigen Zentrierspitze. Dieses Einzugsgewinde besteht aus einem feinen, kegelig verlaufenden, scharfgängigen Gewinde, dessen Spitze sich in das Holz eindreht und den Bohrer nachzieht. Dadurch erübrigt sich die Druckanwendung in der Richtung der Bohrerachse. Die Ganghöhe des Einzugsgewindes bestimmt die Dicke des abzulösenden Spanes. Feine Einzugsgewinde werden sich daher am besten für Hartholz, grobe für Weichholz eignen.

Von den Zentrumbohrern besitzt, außer dem verstellbaren, nur noch der Excelsior-Bohrer (B 105,1) ein Einzugsgewinde. Durch die Windung, die sich der Schneide anschließt, wird ein besserer Späneauswurf bewirkt.

Die Nachteile der einseitigen Schneiden bei den Zentrumbohrern und der sich daraus ergebenden Hebelwirkung haben zur Herstellung von Bohrern geführt, die durch eine doppelseitige Schneidenanordnung das einwandfreie Bohren im Hirnholz und im gleichen Maße im Querholz ermöglichen. Die Spitzen der Schneiden sind rechtwinklig umgebogen und als Vorschneider ausgebildet. Da die Späne bei diesen Bohrern durch ein schlangenförmiges Gewinde, auch aus tiefen Löchern, selbsttätig ausgeworfen werden, bezeichnet man die Bohrer als Schlangen- oder Schraubenbohrer (B 105,2). Der Schaft ist länger gehalten als bei den andern Bohrern und ermöglicht dadurch die Herstellung tiefer Löcher. Das spanauswerfende Schlangengewinde des Schaftes wird in verschiedener Weise hergestellt.

Beim Irwin-Bohrer (B 105,2a), dessen Schaft dünn gehalten ist, werden die Windungen im glühenden Zustande um diesen herumgelegt. Da die beiden Schneiden die abgehobenen Späne in nur einen "Fördergang" abgeben, muß dieser ausreichend Raum gewähren. Deshalb sind die Windungen verhältnismäßig weit von einander entfernt, so daß Verstopfungen kaum eintreten können. IrwinBohrer sind mit einem Durchmesser von 4 bis 40mm erhältlich.

Der Schaft des Douglas-Bohrers (B 105,2b) ist aus einem Stahlstück mit rechteckigem Querschnitt in der Breite des benötigten Bohrerdurchmessers, der um seine eigene Achse gedreht wird, hergestellt, so daß ein doppelter Gewindegang entsteht. Jede Schneide erhält dadurch einen gesonderten Fördergang.

Eine Sonderausführung dieser Bohrerform ist der Cooks-Bohrer (B 105,2c). Bei ihm fehlen die Vorschneider. Die Schneiden sind an der Spitze hakenförmig umgebogen und in der Bohrrichtung mit einer Schneide versehen. Dadurch wird die Lochwand beim Bohren von Hartholz und besonders bei Hirnholz sauber bearbeitet. Im Weichholz ergeben sie keinen sauberen Schnitt.

Beide Bohrerformen werden mit Durchmessern von 4 bis 32 mm hergestellt.

Beim Lewis-Bohrer (B 105,2d), auch Schiffsschlangenbohrer genannt, besitzen Bohrer und Schaft den gleichen Durchmesser. In den Schaft ist ein einfacher Spangang eingefräst, so daß scharfe Kanten entstehen, die beim Bohren saubere Löcher schneiden. Durch diese Herstellungsart kann allerdings nur eine Schneide angebracht werden, wodurch wieder der Nachteil der einseitigen Hebelwirkung entsteht. Die Bohrer sind ebenfalls für Durchmesser von 4 bis 32 mm zu haben. Die zum Bohren von Holz verwendeten Spiralbohrer sind in ihrer Grundform von den für das Bearbeiten von Metallen verwendeten übernommen. Sie unterscheiden sich von den Metallspiralbohrern (B 105,3a) im wesentlichen nur durch den kleineren Spitzenwinkel. Beide besitzen zwei eingefräste Spiralnuten für den Späneauswurf. Die zwischen den Spiralnuten verbleibenden Stege sind unten zu Schneiden angeschliffen. Die Bohrer arbeiten ohne Spitze und Vorschneider. Bei den Metallbohrern sind zur Verminderung der Reibung die Stege bis auf eine schmale Führungsfase abgefräst.

Die Holzspiralbohrer (B 105,3b) finden kaum noch Verwendung, da sich die Metallbohrer für diese Zwecke ebensogut eignen. Diese bieten außerdem den Vorteil, daß man sie zum Bohren von Beschlagteilen verwenden kann. Im allgemeinen benutzt man Spiralbohrer nur zur Erzeugung von kleineren Löchern. Beim Bohren von Hirnholz und Hartholz leisten sie ausgezeichnete Dienste, besonders bei der Herstellung von Dübellöchern in schwachem Hirnholz, wo die Gefahr des Aufsplitterns besteht.

Ein im gleichen Sinne arbeitender Holzspiralbohrer ist der Schüttenbohrer. Er besitzt eine schärfere Spitze, aber nur einen Spangang und stellt im Hirnholz und Hartholz saubere Löcher her.


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