Wolfgang Jordan
HOLZBEARBEITUNG MIT HANDWERKZEUGEN
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Techniken: Hobeleisen schärfen

Kopie eines Artikels aus dem Werkzeugkatalog von 1909
der Firma Joh. Weiss & Sohn, Wien


Über das Schleifen von Hobeleisen

Im allgemeinen wird dem Schleifen von Werkzeugen nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet. Es wird weder mit dem geeigneten Schärfmittel noch in richtiger Weise geschärft. Der Lehrling schon wird nicht mit der nötigen Sorgfalt und Gründlichkeit im Schleifen der Werkzeuge, das doch die Grundlage seiner manuellen Fertigkeit bilden soll, unterrichtet. Ein großer Teil der holzbearbeitenden Handwerker schärft in der Tat seine Schneidewerkzeuge mangelhaft.

Bringt uns ein Kunde ein von ihm als Ausschuß bezeichnetes Werkzeug in unsere Niederlage in Wien zurück, so kann es vor seinen Augen richtig geschliffen und ausprobiert werden. Unter zehn solchen als zu hart oder zu weich bezeichneten Werkzeugen erweisen sich gewiß mindestens neun als tadellos gut, aber schlecht geschliffen. Dieses Vorgehen kann den Kunden außerhalb Wiens gegenüber nicht eingehalten werden. Es veranlaßt uns dies, einige Worte über die Art und Weise, wie speziell Hobeleisen geschliffen werden sollen, zu sagen.

Wie wird meist geschliffen?

In einem häufig finsteren Winkel steht auf einem oft wackligen Gestelle ein Trog, der den Schleifstein, Rutscher, enthält. Derselbe ist, wenn er nicht zufällig neu ist, auf der oberen Fläche durch die Benützung muldenförmig ausgehöhlt. Es ist selbstverständlich ganz unmöglich, auf einem solchen Stein eine ebene Fläche, noch weniger eine solche in einem bestimmten Winkel zu erzeugen. Die Fläche der geschliffenen Fase ist buckelig und windschief, die Fase selbst meist zu kurz oder zu lang. Die auf einem solchen Rutscher geschärften Hobeleisen haben eine Fase, die meist so aussieht wie in Fig. I und nicht, wie es richtig wäre, wie Fig. II ihn darstellt.

Zeichnung aus Weiss-Katalog

Als Abziehstein wird dann ein meist minderwertiger Abstreichstein, sehr häufig auch ein gewöhnlicher Schieferstein verwendet und damit die Fase abgezogen, der Schneidewinkel damit nicht geändert, gleichgültig ob er zu groß oder zu klein ausgefallen ist. Die Folge dieser Art Schleifens ist, daß die Schneide, namentlich wenn ästiges Holz bearbeitet wird, nicht standhält.

Ist der Winkel zu groß (d. h. die Fase zu kurz geschliffen), dringt das Eisen zu schwer in das Holz ein, ist er zu spitz (die Fase zu lang gemacht), legt sich die Schneide entweder um, oder was gerade bei den besten, mit feinstem, hartem Gußstahl belegten Hobeleisen am häufigsten vorkommt, sie bröselt aus, bekommt Scharten. Häufig zieht ein Tischler noch die sich durch das Schleifen am Rutscher bildende Fase auf dem Rutscherstein selbst ab, indem er die Stahlseite über denselben streicht. Das Hobeleisen wird dadurch auf der Stahlseite verkratzt, wobei nicht bedacht wird, daß jeder "Kratzer" eine Furche bildet, welche an der Schneide als Scharte zum Vorschein kommt.

Wie soll geschliffen werden?

Vor allem ohne Rutscher; mit einem rotierenden Stein (Drehstein) mit Kraft- oder Fußbetrieb. Derselbe soll ein mittelfein-körniger Sandstein von gleichmäßiger Härte, in guten Lagern laufend, sein, so daß er auch "rund läuft" und keine exzentrischen Bewegungen macht.

Es ist gut, wenn ein solcher Drehstein mit einer Abdrehvorrichtung versehen ist, da es Grundbedingung ist, daß der Stein stets rund erhalten wird, denn nur mit einem kreisrunden Stein ist es möglich, in rationeller und bequemer Weise ordentliche Arbeit zu leisten.

Der Trog soll eine "Eisenauflage" besitzen, so daß der Arbeiter das zu schärfende Stück Werkzeug auf diese Auflage auflegen und an den Stein andrücken kann.

Mit einem so beschaffenen Steine ist die Fase des Hobeleisens in einem Winkel von ca. 20 Grad zu schleifen. Für Leute, die nicht das Gefühl haben, einen richtigen Winkel beiläufig einzuhalten, ist es am besten, sie bedienen sich einer Schleiflehre.

Das Abziehen hat mit einem Ölstein, Levantiner oder einem anderen guten Abziehstein auf folgende Weise zu geschehen:

Vorerst ist durch einige "Striche" mit dem Hobeleisen über den Streichstein der sich durch das Schleifen auf dem Drehsteine gebildete Grat zu entfernen, sodann ist die obere Fläche des Hobeleisens, die sogenannte Stahl- oder Schneideseite, so lange abzustreichen, bis sie nächst der Schneide eine ebene, blanke (also nicht verkratzte) Fläche bildet, hierauf ist auf der entgegengesetzten, also der Fasenseite, der Streichstein in der Weise anzusetzen, daß an dieser Fase eine zweite, kleinere Fase und damit der sogenannte Zuschärfungswinkel entsteht.

Zeichnung aus Weiss-Katalog

Die Anbringung dieser zweiten Fase ist aus nachstehenden Gründen absolut nötig.

Die Schneide eines Werkzeuges dringt, bis zu einem gewissen Grade, um so leichter in das zu bearbeitende Material ein, je spitzwinkeliger diese Schneide ist, ebenso wie ein spitzwinkeliger Keil wirksamer ist als ein stumpfwinkeliger. Nun hat aber jeder Stahl eine Elastizitätsgrenze und darf selbe nicht überschritten werden, d. h., es darf der Winkel direkt an der Schneide nicht zu spitz sein, es muß derselbe entsprechend dem zu bearbeitenden Material und entsprechend dem Material, der Form und Art des Werkzeuges gewählt sein.

Der Fasenwinkel von 20 Grad wäre, obwohl er behufs leichten Eindringens in das Holz ein solcher spitzer Winkel sein soll, zu spitz, um bei sehr hartem oder ästigen Holz die Schneide halten zu können.

Um nun diesen günstig wirkenden Schneidewinkel doch beibehalten zu können, muß man jede Schneide mit dem oben erwähnten sogenannten Zuschärfungswinkel versehen, d. h., es soll jede Fase eines Schneidewerkzeuges aus zwei Flächen mit verschiedenen Winkeln bestehen, und zwar aus dem früher erwähnten Schneidewinkel, der bei Hobeleisen ca. 20 Grad beträgt, und aus dem mit dem Abziehstein zu erzeugenden Zuschärfungswinkel (Facette), der zwischen 30 und 35 Grad schwanken kann.

Dasselbe Prinzip mit Anwendung der zweckentsprechenden Winkel gilt für alle Schneidewerkzeuge für Holz, sowohl der Hand- als auch der Maschinwerkzeuge.

Joh. Weiss & Sohn


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