Wolfgang Jordan
KLEINES WERKZEUGMUSEUM

Der Handschoner

Der Handschoner und seine Entwicklung

Geschichtliches

Ein Hobel ist ein von Hand geführtes Werkzeug. Er muß daher den Händen seines Benutzers die Möglichkeit bieten, ihn sicher zu fassen und möglichst über längere Zeit ohne Schaden benutzen zu können.

Bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein fertigte jeder Schreiner und Tischler seine Hobel selbst und gab sich entsprechend Mühe, diese auch bequem benutzbar zu gestalten. Während in anderen Ländern alle möglichen Spielarten von geschnitzten Griffen über Querstangen zu Vertiefungen oder Löchern im Hobelkörper auftraten, waren gedrechselte senkrechte Griffe und gebogene Hörnchen schon früh für Deutschland und die Alpenländer typisch.

Trotz seines auffälligen Aussehens dient dieses 'Nase' genannte Hörnchen nur der Führung des Hobels mit der (im allgemeinen) linken Hand. Die Vorschubarbeit wird dabei von der rechten Hand verrichtet, die den Hobel am hinteren Ende umgreift. Die Rückseite des Hobels sollte also möglichst gut der Hand angepaßt sein. Bei den kurzen Bankhobeln (insbesondere dem Putzhobel) besteht außerdem die Gefahr, daß die Hand das Eisen berührt und verletzt wird.

Wie die Stellen eines Hobels, an denen die Hände angreifen, bei den frühen Hobeln geformt war, zeigt die folgende Übersicht von Beschreibungen aus alten Enzyklopädien.

Der Enzyklopädist Johann Heinrich Zedler beschreibt in seinem 1732-1754 in Leipzig erschienenen "Grossen vollständigen Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste" in Band 13 (1739) die Form eines Hobels so:
"Faust-Hobel ist ein kurtzer Hobel, und von andern vornehmlich darinnen unterschieden, daß er forne einen Ursprung der Sohle, und über derselben an dem Absatz die Nase hat, ...", und weiter:
"Zu beyden Seiten werden auswendig längst der Sohle Hol-Kehlen eingestossen, den Hobel desto besser mit denen Fingern zu halten, welcher hinten aufwärts seinen Ballen oder Rundung bekommt, sowohl der Bequemlichkeit wegen, als daß im Herausschlagen des Eisens der Hobel nicht aufspalte."

Bei Johann Georg Krünitz, "Oekonomische Encyklopädie, oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft" (erschienen 1773-1858) in Band 24 (1781) (Online-Version) klingt das so:
"Das vorn senkrecht gehende Holz, woran man die Hand legt, oder der Griff, den man in die Faust nimmt, heißt die Nase; und der rundliche Theil hinten an der Bahn, wo der Faustballen angesetzt wird, der Ballen.", und weiter:
"Zu beyden Seiten werden auswendig, längst der Sohle Hohlkehlen eingestoßen, um mit dem Finger den Hobel desto besser halten zu können, welcher zu hinterst aufwärts seine Ründung (den Ballen) bekommt, sowohl zur Bequemlichkeit, als auch damit, bey dem Herausschlagen des Eisens, der Hobel nicht aufspalte."

Die "Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste" von Johann Samuel Ersch und Johann Gottfried Gruber (Zweite Section, neunter Theil, Leipzig, 1818) zeigt mit dem folgenden Zitat, daß sich auch im 19. Jahrhundert daran wenig geändert hat:
"Viele Hobel haben auch an dem vorderen Ende einen hervorstehenden Theil, welcher mit der linken Hand gehalten wird und der Griff oder die Nase heißt; der hintere meistens abgerundete Theil, welcher den Druck zum Stoßen mit der rechten Hand bewirkt, wird der Ballen genannt."

Obwohl die Form der Hobelrückseite für den Handwerker eine so wichtige Bedeutung hat, waren die frühen industriell hergestellten Hobel einfache quaderförmige Klötze, deren Kanten nur leicht abgerundet (gewöhnliche oder Berliner Form [EG1]) oder mit einer breiten Fase versehen (Hamburger oder Leipziger Form [EG1, GH1]) wurden. Selbst der gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte "Ulmer Reformhobel" von Georg Ott läßt bei allem Fortschritt in der Funktion noch die bequeme Handhabung vermissen (siehe Beispiel).

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts gab es aber bei mehreren Holzwerkzeugfabriken Bestrebungen, die Bankhobel benutzerfreundlicher zu gestalten. Mit Hilfe von Patenten, Katalogabbildungen, Zeitschriftenartikeln und Hobeln aus meiner Sammlung versuche ich diese Entwicklung hier nachzuzeichnen, die schließlich zu dem heute bekannten Handschoner führten.

Patente und Neuheiten

1896: Zwei Gebrauchsmuster der Firma Joh. Weiss & Sohn verbessern die Handhabung des Hobels mit einem "Schutzbügel hinter dem Hobeleisen" (No. 66136, 09.11.1896) bzw. mit einem "an den Griffstellen abgerundeten Hobelkasten" (No. 66201, 09.11.1896).

1907: Ein Patent der Badischen Holzwerkzeugfabrik (Schweizer Patent-Nr. CH0000039758 vom 30.11.1907, siehe Abbildung aus der Patentschrift) beschreibt eine hinter dem Eisen auf den Hobelkasten aufgeschraubte Kappe, die Verletzungen der Hand vermeiden soll.
Handschoner Badische Holzwerkzeugfabrik

1909: Die Firma Joh. Weiss & Sohn in Wien zeigt in einem Katalog Doppel- und Putzhobel mit eiserner Klappe und einem aus gebogenem Metall gefertigten Handschoner (siehe dazu diesen Putzhobel).
Patenthobel Joh. Weiss

1910: Ein Patent der Firma Joh. Weiss & Sohn (Österreichische Patent-Nr. AT0000042079B) beinhaltet eine angedrechselte Kugelkalotte am hinteren Hobelende, die eine Beschädigung des Hobels beim Einstellen und ein ermüdungsfreies Arbeiten ermöglichen soll.
Viele von der Firma Weiss hergestellte Hobel zeigen einen Stempel mit dieser Patentnummer (Beispiel). Auch die von der französischen Firma Goldenberg für den mittel- und osteuropäischen Markt gefertigten Hobel weisen dieses Merkmal auf.
Handschoner Joh. Weiss

1912: Von der Firma Friedrich Ott in Ochsenfurt wurde ein Handschoner aus gepresstem Metall unter der Nummer 511553 (30.05.1912) als Gebrauchsmuster geschützt (siehe Abbildung in diesem Katalog von 1920).
(Das Photo stammt von diesem Schrupphobel.)
Handschoner Friedrich Ott

1912: Von der Firma Esslinger & Abt wurde 1912 ein hölzerner Handschoner patentiert, der mit einer Schraube befestigt werden sollte (Schweizer Patent-Nr. CH0000058255 vom 06.01.1912). In einem Katalog von 1914 der Firma Lingenberg & Sohn ist ein Reformputzhobel von Esslinger & Abt mit einem solchen Handschoner abgebildet (siehe diese Katalogseite).
Die Abbildung zeigt einen Handschoner ähnlich diesem Patent (unbekannter Hersteller).
Handschoner Typ Esslinger

1925: M. Hiessinger versieht seinen Putzhobel "Rekord" mit einer Eisenauflage aus Aluminium, die als Handschoner ausgebildet ist.
Handschoner Hiessinger

1930: Das Patent der Laupheimer Werkzeugfabrik (Österreichische Patent-Nr. AT0000118886 vom 25.08.1930) beinhaltet einen abnehmbaren Handschoner, um auch die älteren Handwerker zufriedenzustellen, die diese Neuerung nicht gewohnt sind (aus diesem Katalog von 1930).
Handschoner Steiner

1932: Die Firma F. W. Emmerich patentiert ein Verfahren, nach dem aus einem gedrechselten Rundling jeweils zwei Handschoner mit zentralem Dübel gefertigt werden sollen (Deutsche Patent-Nr. DE0000556781A vom 13.08.1932).
Handschoner Emmerich

Verschiedenes

Nachdem in der Zeit der Einführung des Handschoners verschiedene Bauarten und Befestigungsmethoden ausprobiert worden waren, hat sich schließlich bei fast allen Firmen der eingegratete Handschoner aus Holz durchgesetzt. Einzig die Firma E. C. Emmerich fertigt und befestigt ihre Handschoner nach wie vor nach dem oben genannten Patent.

Der Handschoner wird von der Seite des Spanlochs her in die Vertiefung eingeschoben. Das hat den Vorteil, daß diese Öffnung nachher von Eisen und Keil verdeckt wird. Andererseits wird der Handschoner gerade in Richtung dieser Öffnung belastet. Das scheint aber kein Nachteil zu sein, denn zum einen ist der Handschoner verleimt, zum anderen wird er schon durch das festgespannte Eisen in seiner Position gehalten.

Bei Hobeln mit Wangenwiderlager muß die Basis des Handschoners und die Einschuböffnung entweder schmäler gemacht werden als der Abstand der Wangenvorsprünge. Oder die eingeschnittene Öffnung für den Grat wird schräg ausgebildet, sodaß der Handschoner wie auf einer Rampe eingeschoben wird. Für diese zweite Variante gibt es ein Beispiel eines Hobels von Friedrich Ott.


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