Wolfgang Jordan
KLEINES WERKZEUGMUSEUM

Werkzeughersteller und -händler

M. Hiessinger, Nürnberg

Firmengeschichte

Der Fabrikarbeiter Georg Mathias Hiessinger (geb. 1811 in Balgheim) ließ sich 1844 in Nürnberg nieder. 1)

Das "Adreßbuch und Handlungs-Schematismus der Stadt Nürnberg" 1846 enthält noch keinen Hinweis auf Hiessinger. In der "Mittelfränkischen Zeitung" vom August 1848 findet sich eine Verkaufsanzeige des "Galanterie-Schreiners" Hiessinger zum Verkauf einer größeren Partie Kirschbaumfourniere. Die Adresse ist mit Schmaußengasse, Haus Nr. 1651 (heute Nr. 22, XXV. Distrikt, Sebalder Seite) angegeben. Im "Neuen Adreßbuch der Stadt Nürnberg" von 1850 ist Hiessinger in der Rubrik "Rauhpossirer und Spielwaarenmacher" aufgeführt. In der Ausgabe von 1852 steht er in der Rubrik "Holz- und Pappe-Spielwaaren". 2)

In Firmenkatalogen und Anzeigen wird 1850 als Gründungsdatum der Firma angegeben. Aber erst im Adressbuch von 1856 ist Hiessinger als Werkzeugschreiner mit der Haus-Nr. 208 verzeichnet. Die Adresse entspricht der heutigen Weißgerbergasse 12 (im Krieg zerstört). Das Geschäft schien gut zu gehen, denn in der "Kemptener Zeitung" (1861) suchte Hiessinger per Anzeige nach einem "Werkzeugschreiner gegen guten Lohn und bei andauernder Beschäftigung". 2)

Im Nürnberger Adressbuch von 1863 wird Hiessinger als Werkzeugfabrikant aufgeführt. Die unten stehende Anzeige erschien im Dezember 1866 im "Fränkischen Kurier". Die Ausgabe von 1869 nennt seine "Fabrik aller Arten Werkzeuge für Schreiner, Büttner, Drechsler, Buchbinder, Wagner u.s.w.". 2)

G. M. Hiessinger, Annonce 1866, Fränkischer Kurier
Annonce 1866, G. M. Hiessinger 2)

Weitere Daten und Namen im Stadtarchiv Nürnberg: 1)
1876 - Gewerbeanmeldung Werkzeugfabrikant durch Johann J. Hießinger
1890 - Verschiedene Grundstücksverträge mit Beteiligung des Werkzeugfabrikanten Adam Hießinger
1938 - Verkauf eines Flurstücks an Mathias Hiessinger
1963 - Beschwerde eines Anwohners über Lärmbelästigung der Werkzeugfabrik Mathias Hiessinger im Feuerweg 6a

Nach Angaben in alten Katalogen nahm die Firma Hiessinger an mehreren Ausstellungen teil und erhielt Prämierungen in 1873, 1882, 1888, 1896 und 1906 (Nürnberg). Auf der "Bayerischen Jubiläums-Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung in Nürnberg 1906 erhielt Hiessinger die Goldene Staatsmedaille. In dem Ausstellungskatalog war diese Anzeige zu finden:

Hiessinger Anzeige Bayerischen Jubiläums-Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung" in Nürnberg 1906

Im August 1938 wurde Mathias Hiessinger als Inhaber gelöscht. Neue Inhaberinnen waren Friederike genannt Frieda Hiessinger und Anna Kunigunde Hiessinger, beide in Nürnberg, in Erbengemeinschaft. Einzelprokura erhielten Max Falkner und Nanette Brunner, beide in Nürnberg. 6)

Um 1950 Erweiterung der Geschäftstätigkeit auf die Schulraumausstattung.
Wegen zunehmender Anforderungen an diesen Bereich wurde schließlich im Juni 1979 vom damaligen Inhaber Hans Lehr und seinem Geschäftsführer Ottmar Schiessel eine eigene Firma WEMA GmbH gegründet. 3)

Bis ca. 1962/63 existierte eine Filiale in der Augustenstraße in Nürnberg, die jedoch ausschließlich als Ladengeschäft genutzt wurde. 3)

Die größte Mitarbeiterzahl erreichte die Firma Mitte der 60er Jahre mit 65 Beschäftigten. 3)

In einer Patentschrift von 1968 (s.u.) wird die Firma als Matthias Hiessinger Nachfolger bezeichnet. Eine Gebrauchsmusteranmeldung von 1971 nennt als Firmennamen "Hiessinger KG". 5)

Bis Ende der 60er Jahre wurden alle Hobel noch von Hiessinger selbst hergestellt. Danach wurden Hobel von der Firma E. C. Emmerich, auf Wunsch auch von Ulmia verkauft. Noch Mitte der 70er Jahre wurden aber auch noch vorhandene halbfertige Hobel aus eigener Fertigung an Kunden verkauft. Die Rohwaren für die Hiessinger-Hobel wurden von einem niederbayerischen Lieferanten bezogen, das Holz dazu stammte aus Österreich, wo Hiessinger entsprechende Waldgebiete besaß. 3)

Hiessinger wechselte Mitte der 80er Jahre vom Stammsitz 'Am Plärrer 11' in das Gebäude der damaligen Firma Schönberger in der Schönweißstraße. 3)

Die Firma Hiessinger existierte bis 1985, zuletzt aber nur noch als Händler. Hiessinger wurde zuerst von der Fa. Rothenberger in Frankfurt, etwas später von der Fa. Kleemann in München übernommen. Teile der Holzfabrikationen bezüglich Schulraumausstattungen wurden an die Famos GmbH & Co. KG verkauft. 3)

Weitere Informationen

(Die folgenden Anzeigen sind auch auf einer eigenen Seite zusammengefasst.)

Aus der 'Bayerischen Schreinerzeitung' stammt diese Anzeige der Firma:
30.5.1930 (Werkzeuge allgemein).

Aus der Zeitschrift 'Bau- und Möbelschreiner' stammen diese Anzeige der Firma:
April 1949 (Hobel).
April 1950 (Patentputzhobel).
Ungewöhnlich an dieser letzten Anzeige ist die Tatsache, daß der Patent-Putzhobel als "Neuheit" beworben wird. Hobel dieser Bauart waren aber bereits um 1925 gebaut und in den Hiessinger-Katalogen aufgeführt (siehe diese Seite aus einem Katalog um 1925).

Hinweise auf die Firma im Lieferantenverzeichnis 'Wer liefert was?':
Hobel (1950),
Hobel (1954).

Werkzeuge

In meiner Sammlung: 4)

Viertelstabhobel von M. Hiessinger
Viertelstabhobel
Putzhobel, M. Hiessinger
Putzhobel
Putzhobel, M. Hiessinger
Putzhobel
Schrupphobel, M. Hiessinger
Schrupphobel
Nuthobel, M. Hiessinger
Nuthobel
Treppenhobel, M. Hiessinger
Treppenhobel
Geschirrhobel, M. Hiessinger
Geschirrhobel
Bohrwinde, M. Hiessinger
Bohrwinde

Marken 5)

Eintrag in "Nachweisung der im Deutschen Reiche gesetzlich geschützten Waarenzeichen [WAZ]
Hiessinger Warenzeichen Hiessinger Warenzeichen Hiessinger Warenzeichen

Abbildungen von Markenzeichen:

Hiessinger Winkel
Hiessinger-Markenzeichen auf einem Ketschhobel
Über dem Hobel der Buchstabe 'H' für Hiessinger
Dieses Markenzeichen wurde anscheinend bis Anfang der 30er Jahre benutzt.
Hiessinger
Markenzeichen auf einer Schulwerkbank
(z.B. in einem Gebrauchsmuster von 1973 enthalten)

Kataloge

Katalog, M. Hiessinger, Nürnberg, 1920
1920
Katalog, M. Hiessinger, Nürnberg, 1925
1925
Scan
Katalog, M. Hiessinger, Nürnberg, ca. 1930
ca. 1930
Katalog, M. Hiessinger, Nürnberg, ca. 1985
ca. 1985

Patente 5)

kein Patent bekannt

Gebrauchsmuster 5)

305312 (25.02.1907) Feststellvorrichtung für Hobelmesser an Nuthobeln, bestehend aus einer im Mittel zwischen einer abgesetzten Deckplatte gelagerten Sperrklinke, welche das Hobelmesser durch entsprechend verteilten Druck mittels einer Schraube mit dem Hobel fest verbindet.
310163 (08.05.1907) Glühstoff-Dauerkocher.
353468 (18.09.1908) Hobel für alle Zwecke, bei welchem auf der dem Holz- oder Eisenkeil gegenüberliegenden Seite ein Holzkeil zum Verstellen der Maulöffnung angeordnet ist.
488860 (14.11.1911) Hobel für alle Zwecke mit einem Holzkeil zum Verstellen der Maulweite. (verlängert am 14.11.1914)
590012 (24.01.1914) Hobelkeil aus Stahlblech, innen hohl, mit Umbug auf beiden Seiten und eingelegter Druckfeder, sowohl für Schrauben als für Exzenterspannung.
647365 (08.05.1916) Reißschienenführung an Reißbrettern.
649363 (15.06.1916) Beschwerer für Zeichenwinkel.
1996500 (07.11.1968) Geräte- oder Tischwagen mit Vorrichtung zur Aufnahme von Schraubzwingen
7120766 (23.09.1971) Spiegel- und Umkleideschrank
7321956 (27.09.1973) 360 Grad-Rundum-Schwenkarm
7703358 (26.05.1977) Hobelbankschlüsselkopf
DRGM 363468, Hobelbrücke von M. Hiessinger

Quellen und Referenzen

Quelle:
1)
2)
Verschiedene Adressbücher, sonstige Verzeichnisse und Zeitungen [Google-Buchsuche]
3)
Auskünfte von Herrn Robert Schiessel (Fa. WEMA GmbH) auf Vermittlung von Andreas Winkler
4)
Eigene Sammlung
5)
Marken, Patente und Gebrauchsmuster stammen aus verschiedenen Quellen, die auf dieser Seite detailliert genannt sind.
6)

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